Thüringer Kriminalchronik hingerichteter Verbrecher
Ich sterbe gern'¸ sagte der Schinderknecht Oertel 1832¸ 'denn ich habe den Tod verdient und danke nur Gott¸ dass mein Leichnam nicht auf das Rad geflochten wird. Ich freue mich¸ dass meine Mutter¸ die Gott jüngst zu sich genommen hat¸ meine Hinrichtung nicht erlebt¸ und spreche noch die inständige Bitte aus¸ dass vorher kein Scharfrichter ins Gefängnis zu mir gelassen wird¸ denn es schaudert mich¸ wenn ich nur an solche Menschen denke¸ und es soll mich keiner angreifen¸ bis ich auf dem Richtstuhl sitze. Die Strafen - Verbrennung¸ Enthauptung und Räderung - sind Relikte mittelalterlicher Rechtsprechung und stehen stellvertretend für die sogenannten Spiegelstrafen: dem Feuerleger das Feuer. Die meisten Hinrichtungen fanden vor vielen Menschen statt; Kühn allerdings wurde im Gefängnishof von Gräfentonna mittels Fallbeil exekutiert. Alle Missetäter erhielten kirchlichen Beistand. Das konnte zu rührenden Szenen führen. Kühn jedoch¸ der ausgemachte Bösewicht¸ lehnte jeglichen Beistand ab. Seine Seele schmort noch heute in der Hölle. Dennoch wehrte er sich bis zum Schluss gegen die Todesstrafe. Der Frauenmörder Oertel wollte unbedingt sterben¸ lieber früher als später. Für ihn wäre eine Freiheitsstrafe eine Folter gewesen. Die hier vorgestellten Fallbeispiele dokumentieren die Endphase der 'Blutgerichtsbarkeit' im 19. Jahrhundert in Thüringen und zeichnen ein Bild der Gerichtsbarkeit¸ wie wir sie noch vom Mittelalter her kennen.