Schwester des Sturms
Auf der Insel Wolkenriff lebt ein Fischervolk im Einklang mit der Natur und der Magie des Nebels¸ der immer wieder neue Inseln erschafft. Doch diese friedliche Welt sieht sich in ihrer Existenz bedroht: Die Waldländer haben die Hauptinsel Delta erobert. Die junge Quell und ihre Freunde werden in einen verzweifelten Krieg verwickelt¸ und was als Abenteuer begann¸ ist auf einmal bitterer Ernst. 'Freunde von Erzählungen wie Ursula K. LeGuins Erdsee sind hier genau richtig'¸ urteilt unser Rezensent.
In der Reihe 'Social Fantasies' aus dem Hamburger Argument Verlag sollen SF- und Fantasy-Romane erscheinen¸ die überzeugende Figuren und dichten Suspense besitzen¸ gesellschaftliche Fragen mit unterhaltenden Handlungen verbinden¸ zum Nachdenken anregen¸ undogmatisch und subversiv sind. Kurzum Bücher¸ die weniger kommerziell erfolgreich als intelligent und ungewöhnlich sind. Dazu gehören nicht nur bereits erschienene¸ aber schon wieder vergessene Klassiker wie 'Planet der Habenichtse' von Ursula K. Le Guin¸ sondern auch die Romane von Sean Stewart. Mit 'Schwester des Sturms' beweist der Autor¸ daß auch in der Fantasy Romane mit Tiefgang entstehen können¸ die sich unterhaltsam mit gesellschaftlichen Fragen beschäftigen. Die Menschen auf Wolkenriff¸ leben zufrieden und ungestört in einer engen¸ sich gemeinschaftlich unterstützenden Gemeinschaft auf ihrer Insel¸ denn das Dasein ist nicht immer einfach. Dann aber reißt sie ein unerwartetes Ereignis aus ihrem Alltag: Eine Scheme - eine starkes Geistwesen verbindet sich mit der Seele des jungen Mädchens¸ um ein Teil der Welt zu werden. Doch eine solche Verbindung ist nach gewisser Zeit tödlich für einen Teil des Paares. Die Scheme Jo hat aber allen Grund das zu tun. Sie warnt die Bewohner von Wolkenriff vor einer großen Gefahr. Der Kaiser des Festlandes¸ Brand¸ ist vom Funken der Machtgier erfüllt und beginnt nach und nach von seinem Waldland aus¸ die Inseln zu erobern. Auch ihrer Heimat ist er schon nah. Die Insulaner sehen so keine andere Möglichkeit¸ als mit Quell der Todgeweihten aufzubrechen¸ und etwas dagegen zu tun. Nur mit diesem Wunsch¸ aber ohne Erfahrung gegen die Feinde anzutreten¸ stellen sich die auserwählten Bewohner von Wolkenriff den Gefahren des Meeres. Auf einer bereits eroberten Nachbarinsel machen sie ihre bitteren Erfahrungen mit den Eroberern. Quell und ihr Geliebter Tau werden von den Gefährten getrennt und stoßen mit der Scheme in das Herz des Waldreiches vor¸ während die anderen sich den Untergrundkämpfern der eroberten Insel anschließen... Auch wenn sie schließlich erfolgreich sind¸ so kehren Gefährten doch verändert nach Hause zurück¸ denn alles hat seinen Preis. Und auch Quell¸ die mit Tau ihr Glück gefunden hat¸ muß noch eine folgenschwere Entscheidung treffen. Es geht dem Autor nicht in erster Linie um den Kampf und Sieg gegen die machthungrigen Waldländer und ihren Kaiser¸ um die Reise durch exotische Länder¸ das Kennenlernen von Völkern und Rassen¸ sondern um die Erfahrungen¸ die seine Helden durch die Ereignisse machen¸ und wie sie letztendlich damit umgehen. Die sparsam eingesetzten Gewalt- und Actionszenen hinterlassen Spuren bei denen¸ die sie erleben. Der Leser geht genauso unwissend mit den Helden auf die Reise durch fremde Länder und lernt andere Kulturen kennen und verstehen. Sean Steward zeichnet ein differenziertes Bild seiner Menschen - egal auf welcher Seite sie stehen - und läßt den Leser selber darüber urteilen¸ wie gut oder böse sie sind. Der Roman ist damit nicht unbedingt leicht zu lesen¸ aber er erzählt auf seinen 350 Seiten eine intensivere Geschichte als andere Zyklen auf der fünf oder sechsfachen Seitenzahl. Ebenso erfüllt er voll und ganz die oben beschriebene Intention des Verlages und beweist¸ daß auch Fantasy sich intelligent und facettenreich mit gesellschaftlichen Fragen und Ideen beschäftigen kann¸ ohne damit ihren Unterhaltungsanspruch zu verlieren. Quelle: Christel Scheja