Tolkien: Geschöpfe
Aus der Amazon.de-Redaktion: J.R.R. Tolkien gilt als Übervater der modernen Fantasy¸ und so ist es nicht verwunderlich¸ dass regelmäßig Bücher mit seinem Werk verglichen werden oder Anthologien in seinem Namen herauskommen -- so wie Tolkiens Erbe¸ herausgegeben von Erik Simon und Friedel Wahren¸ oder die ausgezeichnete Essaysammlung Tolkiens Zauber¸ herausgegeben von Karen Haber. Tolkiens Geschöpfe nun vereint unterschiedliche Fantasy-Erzählungen in sechs Kapiteln¸ unterteilt nach eben 'Tolkiens Geschöpfen': Elben¸ Zwerge und Hobbits¸ aber auch Helden und Zauberer. Glücklicherweise versucht sich keiner der Autoren direkt an einer Nachahmung Tolkiens in dem von ihm erfundenen Mittelerde¸ sondern sie alle interpretieren diese Wesen auf ihre eigene Weise. George R.R. Martin begeistert mit seinem melancholischen 'Der Eisdrache'¸ Neil Gaiman wartet mit einem äußerst geduldigen Troll auf und Henry Kuttner präsentiert eine humorvolle Geschichte von ziemlich rauflustigen Zwergen. John Moressy erzählt von einem unverwundbarem Helden¸ der mit dem Alter weise wird¸ aber auch von seiner Vergangenheit eingeholt. Andy Duncan wiederum nimmt die zufällige Namensgleichheit eines rassistischen amerikanischen Senators aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem Hobbit Bilbo zum Aufhänger¸ um seine augenzwinkernde Version des Auenlands zu erzählen¸ in der einreisende Orks nicht unbedingt böse sind. Und auch Swjatoslaw Loginow interpretiert Tolkiens Länder neu¸ sein Tal Lórien liegt an einer modernen Straße hinter dem Motel 'Zum tänzelnden Pony'. Markus Heitz¸ Diana L. Paxson und andere erzählen dagegen Geschichten aus klassischen Fantasywelten. Und Erik Simon wartet gar mit einer feinen Ballade über magische Verwandlungskünste auf. Auch wenn in Zeiten der Jackson-Verfilmung Tolkiens Name über Gebühr strapaziert wird¸ überzeugt Tolkiens Geschöpfe doch mit seinem Konzept und den unterhaltsamen und informativen Kurzeinführungen zu jedem Kapitel. Natürlich schwankt die Qualität der Erzählungen wie in den meisten Anthologien¸ doch insgesamt ist das Niveau überdurchschnittlich hoch und die Abwechslung groß. Und denkt man an die ausgezeichneten Beiträge von Martin¸ Gaiman¸ LeGuin und einigen anderen¸ verzeiht man den Herausgebern auch das Aufspringen auf den 'Tolkien-Zug' und genießt die Lektüre. --Ewald Richter